Pilgern auf dem Jakobsweg / René Herbert

Pilger-Tagebuch von René Herbert - Jakobsweg 2023

René Herbert startete am 4. September zu seiner zweiten Pilgerreise. Diesmal auf einem weiteren Teil des Jakobsweges, den „Camino Portogues de la Costa“, der durch Portugal und Spanien führt. „Und auch dieses Mal werde ich den Weg nicht nur für mich alleine gehen. Der Förderverein Wiesenpark hat gerade mit der artgerechten Umgestaltung des Waschbärgeheges im Wiesenpark Oschersleben begonnen. Dafür wird natürlich der eine oder andere Euro benötigt. Viele Spenden konnten schon für das Projekt gesammelt werden, aber als Vorsitzender möchte ich natürlich auch meinen Beitrag dazu leisten, und auf meinem Pilgerweg Spenden für das Projekt sammeln“, sagte René Herbert vor seiner Abreise. Die Freie Bode-Zeitung wird täglich dabei sein und eine Art Pilger-Tagebuch veröffentlichen.
“Dieses Mal wird es keine Etappenpaten geben, sondern ausschließlich Kilometerpaten. Mit 10 € pro Kilometer den ich laufen werde, kann jeder dabei sein um das Projekt zu unterstützen. Ge-
plant ist bislang der Weg bis nach Santiago de Compostelá,. Sollten mehr Spenden als diese Strecke zusammen kommen, werde ich weiter gehen. Ich lege die Entscheidung über die Länge meines diesjährigen Pilgerweges also in die Hände der Spender. Gespendet werden kann natürlich ab sofort. Alle Spender werden veröffentlich, und die „gespendete“ Strecke regelmäßig aktualisiert. Wer anonym spenden möchte, kann das hinter dem Verwendungszweck mit einem „A“ vermerken. Bei Spenden bis 200 € reicht der Überweisungsträger gegenüber dem Finanzamt als Nachweis. Auf Wunsch stellen wir aber natürlich eine Spendenquittung aus.

1. Pilgertag - Meine Ankunft im Startort Porto

Seinen Pilgersegen erhielt René Herbert bereits Ende August bei Pfarrer Georg Werther in der Nicolaikirche. Nun, angekommen in Porto, erhält er nochmals den Segen, diesmal aber von ganz oben, als René Montagnachmittag vor der Kathedrale stehend, über dem Gotteshaus von einem Regenbogen überrascht wird. Welch ein Zeichen. Aber so ist das eben mit dem Jakobsweg. Dieses Mal wird es der „Camino Portogues de la Costa“ sein. „Wenn alles läuft wie geplant, werde ich in 15 Tagen, von Porto startend, rund 360 Kilometer zu Fuß zurücklegen. Zwischenziel wird, wie im vergangenen Jahr, „Santiago de Compostela“ sein und dann geht es wieder ein Stückchen weiter, bis nach Muxia an der sogenannten „Todesküste“. Auf dem ersten Stempel in meiner Credential, meinem Pilgerpass, steht übrigens „Folge dem Ruf des Weges“. Das habe ich getan, und jetzt stehe ich hier, vor der Kathedrale in Porto, von der ich Dienstagmorgen um 8 Uhr starten werde. Aber bis dahin gönne ich mir noch ein wenig Luxus mit einer Hotelübernachtung. Ich pilgere ja schließlich erst ab morgen.“

2. Pilgertag - Immer schön am Atlantik entlang

„Einlaufen“ so nennt man die ersten Tage beim Pilgern, denn Pilgern kann man nicht trainieren. Man testet quasi was man schafft, wie schnell man gehen kann und welche Auswirkungen das auf den eigenen Körper hat. Heute hatte ich mir 24 Kilometer vorgenommen, eine gute Strecke zum Einlaufen. Aber Pilgerführern und deren Streckenangaben kann man nicht immer vertrauen. Und aus den 24 Kilometern wurden letztlich 31,1 Kilometer. Auswirkungen auf meinen Körper werde ich wohl Mittwochfrüh beim Aufstehen spüren. Aber so ist der Jakobsweg, immer für eine Überraschung gut. Die Strecke entschädigte aber dafür, immer am Atlantik entlang bei bestem Wetter. Jetzt gehts in die erste Herberge, mal sehen, wieviel Schnarcher schon in den Betten liegen.

3. Pilgertag: Meine erste Pilgerbekanntschaft 2023

Mein zweiter Tag und meine erste Pilgerbekanntschaft, Walter aus Österreich, 65 Jahre alt, Pensionär und wieder ein Mensch mit einer beeindruckenden Lebensgeschichte. Wenn man jetzt denkt: super keine Sprachbarriere, weit gefehlt. Wer den steiermärkischen Dialekt kennt, weiß was ich meine. „Aba pascht scho“. Wir sind den ganzen Tag zusammen gepilgert und haben den Tag in einem Fischrestaurant ausklingen lassen. Hier springt der Fisch quasi direkt vom Meer auf den Teller. Ein Tip von mir: Wenn man nicht genau weiß, was in der Karte steht, beim Kellner nachfragen. Die von uns mit Heißhunger erwartete Fischgrillplatte entpuppte sich als gegrillte Calamari. Mal so gar nicht meins… Aber der Jakobsweg heißt, Grenzen zu überwinden. Und was soll ich sagen, es war richtig lecker!

4. Pilgertag - Die erste Übernachtung ohne Ohrstöpsel

Nachdem ich am gestrigen Mittwochabend am Strand von Apuliá einen wunderschönen Sonnenuntergang genossen habe, und wie immer pünktlich um 22 Uhr im Bett war, denn um 22 Uhr heißt es in den Pilgerherbergen „Licht aus!“, ging es Donnerstagmorgen auf die dritte Etappe. Im Vorfeld hatte ich viel über die besondere Gastfreundlichkeit der Portugiesen gelesen, und nach drei Tagen kann ich dies nur bestätigen. Begründet wird das oft mit der sogenannten „Saudade“ einem typisch portugiesischen Gefühl, dass man nur sehr schwer mit Worten beschreiben kann, sondern erleben muss. Nachdrücklich bewiesen hat das heute Pepe, der am Weg eine wundervolle Pilger-Oase eingerichtet hat. Dort gab es alles, was ein Pilgerer zum „Überleben“ brauchen, für eine frei gewählte Spende. Heute gibt es für mich zudem eine Premiere auf dem Jakobsweg, Übernachten auf einem Campingplatz, zwar nicht in einem Zelt, aber in einem kleinen Bungalow. Diese werden zu einem Sonderpreis für Pilger angeboten, und da bisher keine weiteren Pilger angekommen sind, habe ich diesen heute für mich ganz alleine. Das bedeutet vor allem, schlafen ohne Ohrstöpsel. In diesem Sinne eine gute Nacht und bis Freitag.

5. Pilgertag - Die 100-Kilometermarke geknackt

Wenn man von sich selber denkt, es ist schon etwas verrückt den zweiten Jakobsweg zu gehen, wird man immer wieder eines besseren belehrt. So wie gestern zum Beispiel. Paul aus Irland, für mich der „irre Ire“, macht bereits seinen sechsten Camino und ist Schnellgeher. Das heißt, er legt am Tag zwischen 45 und 50 Kilometer zurück. Da lasse ich es, mit meinen bisher durchschnittlich 30 Kilometern pro Tag etwas ruhiger angehen und genieße lieber die Landschaft. Wir hatten uns knapp fünf Kilometer vor dem Tagesziel getroffen, und ich habe sein Tempo bis zur Unterkunft durchgehalten. Aber mit letzter Kraft…     Heute habe ich übrigens meine erste 100 Kilometer-Marke geknackt. Morgen werde ich dann Portugal verlassen und in Spanien weiterpilgern. Die drei wichtigsten Worte die ich gelernt habe, werde ich mir merken: Bom Dia, Obrigado und Cerveja. Morgen werde ich übrigens etwas tun, was ich bisher nicht getan habe, einen Stück des Weges nicht gehen. Aber mehr dazu morgen. Jetzt genieße ich erst einmal den Strand von Villa Praia de Ancora.

6. Pilgertag - Ich hätte auch auf ner Türmatte geschlafen

Dann werden wir das Rätsel von gestern mal auflösen, weshalb ich eine Strecke nicht zu Fuß pilgern konnte. Es galt den zwei Kilometer breiten Grenzfluss zwischen Portugal und Spanien zu überwinden. Und da bisher nur „Einer über Wasser laufen konnte“, musste ich ein Wassertaxi nehmen. Und so ging es in rasanter Fahrt ans andere Ufer. Und nun geht es in Spanien auf dem portugiesischen Küstenweg weiter. Klingt komisch, ist aber so. In Spanien erwartete mich gleich eine wundervolle Landschaft am Atlantik entlang. Heute hatte ich übrigens Glück, und habe das letzte Bett in einer sehr schönen Herberge bekommen. Ich war so kaputt, ich hätte sogar auf der Türmatte geschlafen. Und, man merkt, es wird voller auf dem Weg nach Santiago. Ich wünsche allen einen schönen Sonntag.

7. Pilgertag - Selbst für völlig Orientierungslose erkennbar

Gestern gab es in der Herberge das erste Mal ein gemeinsames Pilgermenü. Jeder hatte etwas beigesteuert, ich war für den Wein zuständig. Erstaunlicherweise waren in der Herberge nur deutsche und vier Tschechen. Einer von ihnen war Hans aus Bremen, 77 Jahre und früher wahrscheinlich mal der „blonde Hans“, heute eher der Graue. Hans hat seinen ersten Camino 1983 gemacht, als die Pilgerbewegung einen erneuten Aufschwung nahm, und das Pilgern nicht so komfortabel wie heute war. Wieviele er seitdem gegangen ist, wollte ich wissen. Gezählt hat er nicht, aber er war fast jedes Jahr auf dem Camino, so seine Antwort. Hans ist seit Ende August unterwegs und hat seiner Frau versprochen Mitte Oktober wieder zu Hause zu sein. Denn dann haben sie goldene Hochzeit. Heute ging es landschaftlich wieder wunderschön am Atlantik entlang. Man könnte fast meinen, die Spanier hätten das extra so drapiert, damit wir Pilger genug Möglichkeiten für schöne Aufnahmen haben. Einen Vorteil hat das Pilgern an der Küste laut meinem Pilgerführer. Selbst für „völlig Orientierungslose“ ist der Atlantik als markanter Orientierungspunkt kaum zu übersehen. Und dort geht es morgen auch weiter, auf dem Weg nach Santiago de Compostela.

8. Pilgertag - Seit einer Woche unterwegs

Heute beginnt die Santiago-Woche. Wenn alles gut läuft, bin ich am kommenden Sonntag um 12 Uhr bei der Pilgermesse in der Kathedrale von Santiago de Compostela. Bis dahin gilt es 140 Kilometer zu schaffen. Die heutige Strecke führte durchs Hinterland, durch viele kleine verträumte Dörfer, aber auch einige Berge mit insgesamt 200 Höhenmetern waren dabei. Die galt es zu überwinden. Natürlich hoch und wieder runter, da Start und Ziel jeweils in Atlantikhöhe war. Zwischendurch ging es durch einen, wie Kinder sagen würden „verzauberten Wald“. Und wenn ich ehrlich bin, fühlte ich mich das eine oder andere Mal heimlich beobachtet. Keine Angst, mir gehts gut. Aber als Erwachsener darf man auch ab und zu mal seiner Phantasie freien Lauf lassen. Nach einer kurzen Erholungsphase mit der obligatorischen Dusche und der eisgekühlten Cola, habe ich mir meinen heutigen Zielort Vigo mit seinem historischen Fischerviertel und O Castro, die alte Festung von Vigo, etwas näher angeschaut. Und was machen Pilger, wenn sie frei haben, natürlich Treppen steigen, bis zur Festung genau 670 Stufen. In diesem Sinne einen schönen Feierabend.

9. Pilgertag - Die Hälfte des Pilgerweges ist geschafft

Heute ist ein ganz besonderer Tag. Ist es beim Pilgern eigentlich immer, aber heute gibt es zwei besondere Anlässe den Tag zu genießen. Zum Einen habe ich die Hälfte meines gesamten Weges geschafft und zum Anderen habe ich die letzten 100 Kilometer bis nach Santiago de Compostela begonnen. Fast die gesamte Strecke führte über einen Höhenweg mit wundervollen Aussichten auf die Bucht von San Simon mit ihren Muschelfarmen. Wofür ich heute auch sehr dankbar war, der Weg war mit Bäumen gesäumt, so dass wir fast ausschließlich im Schatten gehen konnten. Aber man merkt, es wird voller auf dem Jakobsweg. Es gibt die Regel, dass man zu Fuß zumindestens die letzten 100 Kilometer gepilgert sein muss, um die Compostela, die Pilgerurkunde, zu erlangen. Also häufen sich die Pilger, die ihr Gepäck von Hotel zu Hotel schicken, und mit leichtem Gepäck pilgern. Ich werde weiterhin meinen zehn Kilo schweren Rucksack von Herberge zu Herberge schleppen, auch wenn es mich den ein oder anderen Schweißtropfen kosten sollte. Morgen ist aber erst einmal Pilgerpause. Das bedeutet großer Waschtag, Ausrüstung ordnen und ein klein wenig Regeneration für den Körper. Am Donnerstag geht es dann auf die letzten vier Etappen bis nach Santiago. Also bis übermorgen, ultreia et suseia!

10. Pilgertag - Pilgerweg und die Herbergen werden voller

Nach einem Tag Pause gehts wieder los. Mit frisch gewaschener Wäsche und gut erholt bin ich heute bei einem wunderschönen Sonnenaufgang auf die nächste Etappe gegangen. Ich hatte mir für meinen freien Tag ein Zimmer in einem Hostel gebucht. Heute bin ich froh, wieder in einer Herberge übernachten zu können. Das gehört einfach zum Pilgern dazu. Und die Anwesenheit der anderen Pilger mit ihren Geschichten, tut sein Übriges. Ich wurde im Vorfeld oft gefragt, ob Pilgern anstrengend ist. Hier empfehle ich einen Selbstversuch, nehmen sie zehn Kartons Milch, schwingen sich diese auf den Rücken und gehen damit etwa sechs Stunden durch die Landschaft. Dann kann man es selber einschätzen, wie anstrengend Pilgern ist. Landschaftlich geht es jetzt wieder durchs Inland, den Atlantik haben wir hinter uns gelassen, und es vereinen sich der portugiesische Küstenweg und der portugiesische Zentralweg. Dadurch wird es auf dem Weg und den Herbergen voller. Auf den letzten Etappen nach Santiago wird es einige, für den Pilgerweg geschichtsträchtige, Punkte geben. Mehr dazu in den nächsten Tagen. Ich bin heute übrigens bei Jorge eingekehrt, auf eine Empfehlung eines anderen Pilger. Jorge zaubert für alle ein Pilgermenu ohne finanzielle Vorgaben, jeder gibt das, was er möchte. Schauen wir mal. In diesem Sinne, guten Appetit.

11. Pilgertag - Augustusbrücke und großes Pilgermahl

Gestern gab es dann das ersehnte große Pilgermahl. Es waren insgesamt 36 Pilger aus den unterschiedlichsten Ländern, die gemeinsam den Tisch mit Tellern, Gläsern und Besteck deckten. Es war so kitschig schön, man hätte meinen können, hier wird ein Werbefilm für ein Olivenöl oder eine Margarinesorte gedreht. Als der Herbergsbesitzer Jorge sein Weinglas erhob und allen Salute und Buen Camino wünschte und alle gemeinsam anstießen war ich mir sicher, irgendwo läuft eine versteckte Kamera. Wir saßen dann noch alle bis zum Dunkelwerden zusammen und tauschten unsere bisherigen Erlebnisse auf dem Weg aus. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sich eine Armada von Schnarchern verabredet hatte, mir die Nacht, trotz Ohrstöpsel, schwer zu machen. Aber auch das gehört zum echten Pilgern dazu. Ich nutze aber später die Gelegenheit einen kurzen Mittagsschlaf in der freien Natur zu machen. Weiter ging es heute übrigens auf historischem Grund, denn der Jakobsweg führt zum Teil über die Via Romana XIX, die Kaiser Augustus um 20 n.Chr. errichten ließ und die teilweise noch gut erhalten ist. Ein Teil dieses Weges führt über eine Brücke selben Alters in Caldas del Rais die „Ponte romana do río Bermaña“. Meine vorletzte Nacht vor Santiago werde ich in einer öffentlichen Herberge verbringen, die mit acht Euro sehr preiswert ist. Diese gehört zu einer Reihe von Herbergen, die in den vergangenen Jahren von der spanischen Regierung neu errichtet wurden. Damit schließe ich für heute und wünsche allen einen schönes Wochenende.

12. Pilgertag - Ein feiger und hinterlistiger Wadenbeißer

Gestern ist das passiert, vor dem auf dem französischen Weg in einigen Gegenden gewarnt wird, Angriffe freilaufender Hunde. Wobei es eigentlich keine freilaufenden Hunde waren, sondern ein Labrador und eine sogenannte Promenadenmischung, nicht größer als ein Wanderschuh, die in der Sonne dösend in einer Einfahrt lagen, während ich meinen abendlichen Rundgang um die Herberge machte. Ich war schon einige Meter vorbei, als der Labrador schwanzwedelnd und mich freundlich anschauend, im Nachhinein wahrscheinlich ein Ablenkungsmanöver, neben mir herlief, und ich im selben Augenblick die Promenadenmischung bellend hinter mir hörte. Und was macht der Wadenbeißer, beißt mich doch tatsächlich in die Wade! Wahrscheinlich erschrocken vom eigenen Mut, flitzte der schnellstens zurück und versteckte sich hinter seinem immer noch schwanzwedelnden Freund. Aber wir sind ja auf alles vorbereitet, also desinfizieren, Salbe und Pflaster drauf, erledigt. Und ich bin wieder um eine Erfahrung reicher. Heute standen dann Sehenswürdigkeiten, allesamt in Padrón, auf dem Plan, die für Pilger auf dem Jakobsweg ein Muß sind. Als erstes begab ich mich auf den Santiaguiño do Monte, dem sogenannten „Jaköbchen vom Berge”. Der Legende nach hat hier der Apostel Jakobus seine erste Predigt auf spanischem Boden gehalten. Dorthin kommt man über genau 114 Stufen, die man gemäß der Legende ohne Pause bewältigen sollte, um später in den vollen Genuss der Gnade zu kommen. Daran sollte es nicht scheitern. Über dieselben Stufen ging es dann wieder hinunter, vorbei an der Nachbildung eines Ochsenkarren mit dem der Apostel Jakobus nach Santiago transportiert worden sein soll. Unweit davon die Jakobuskirche, die auf das 15. Jh. zurück geht, mit der bekanntesten Sehenswürdigkeit dem Pedrón, einem Stein, der ursprünglich am nahen Flussufer stand, und an dem das Boot festgemacht wurde, dass den Leichnam des Apostels von Palästina nach Galizien brachte. Nach diesem kleinen Geschichichtsexkurs ging es dann schnurstracks in die letzte Herberge vor Santiago de Compostela. Heute war schließlich noch einmal Waschtag angesagt, man will ja ordentlich und sauber in Santiago ankommen. Dieses Mal übrigens mit einer richtigen Waschmaschine. Ich wünsche allen Lesern einen entspannten Sonntag, Buen Camino.

13. Pilgertag - Am Ziel und es geht doch noch weiter

Endlich angekommen! Heute war er da, der ersehnte Tag mit dem Erreichen der Kathedrale in Santiago de Compostela. Und ich glaube da spielt es keine Rolle, ob es das erste Mal, das zweite Mal wie bei mir oder das zehnte Mal ist. Es ist immer wieder ein schöner und ergreifender Moment, wenn man den ersten Schritt auf den Platz vor der Kathedrale setzt und bekannte Gesichter sieht. Die Spannung begann aber schon Kilometer vor dem Ziel. Man wünschte sich noch ein wenig intensiver und freundlicher gegenseitig Buen Camino. Die Schritte wurden schneller, man konnte es kaum erwarten, endlich nach so vielen Tagen der Strapazen, manchmal auch Schmerzen anzukommen. All das fällt von einem ab, man spürt förmlich wie das Adrenalin in den Körper schießt. Und dann… durchatmen, hinsetzen, genießen… Die Stimmung auf dem Platz war wieder sehr ausgelassen, Musik spielte, Menschen tanzten und es gab sogar eine Polonaise über den Platz. Später in der Pilgermesse wurde es dann besinnlicher. Auch wenn man kein Spanisch kann, wusste man was der Geistliche in seiner Predigt meinte, dass es egal ist wie weit du pilgerst, wo du herkommst, warum du pilgerst, wichtig ist immer das du mit dem Herzen dabei bist. Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. Leider wurde der Botafumeiro, der 1,50 Meter große Weihrauchbehälter, nicht geschwungen. Es gab wohl niemanden, der vorher die 300 Euro bezahlen wollte. Heutzutage ist fast alles käuflich. Eine Aufgabe hatte ich aber noch zu erfüllen. Ich habe von der evangelischen Gemeinde in Oschersleben eine Kerze bekommen, die mich auf meinem Pilgerweg begleitet hat, und einen angemessenen Platz in der Kathedrale finden sollte. Obwohl sicher nicht ganz regelkonform, und unter Beachtung der fehlenden Anwesenheit des Sicherheitspersonals erfüllte ich meine Aufgabe. Jetzt werde ich den Tag noch ein wenig mit meinen Pilgerfreunden genießen, denn morgen geht es weiter, die Spender für den Wiesenpark wollen es so. Ich wünsche allen einen guten Wochenstart. Buen Camino.

14. Pilgertag - Die letzten 90 Kilometer

Auf geht es zum Endspurt. Nachdem ich gestern noch einen schönen Tag in Santiago verbracht habe, ging es heute auf die letzten 90 Kilometer bis nach Muxia. Diese Tour möchte ich in drei Tagesetappen bewältigen. Leider fiel gestern Abend wegen des Starkregens das übliche Treffen am Abend mit Musik auf dem Vorplatz der Kathedrale aus. Dafür nahm ich an einer spirituellen Führung durch die Kathedrale Santiago de Compostela teil, die die deutsche katholische Gemeinde vor Ort organisiert hatte. Bei der Führung gab es viel Interessantes zur Kathedrale selbst und auch zum Thema Pilgern zu erfahren, und wir konnten einen kleinen Blick hinter die Kulissen werfen. Am Abend saßen wir dann noch mit einigen Pilgerfreunden in einer Gaststätte zusammen, bevor es endgültig hieß Abschied zu nehmen, von denen die nach Hause fliegen, von denen die noch ein paar Tage vor Ort bleiben oder von denen die wie ich noch ein Stück weiter pilgern. Aber wie heißt es so schön: der Weg gibt und der Weg nimmt. Man merkt, es wird ruhiger auf dem Weg, denn nur rund ein Prozent der Pilger wandern weiter bis nach Muxia oder Fisterra. Die beiden Zielorte teilen sich den größten Teil der Strecke und erst etwa 25 Kilometer vor dem Ziel gabelt sich der Weg. Da ich im vergangenen Jahr nach Fisterra gepilgert bin, habe ich mich dieses Jahr für Muxia entschieden, das geschichtlich gesehen noch bedeutsamer ist. Aber schauen wir mal, was uns vor Ort erwartet.

15. Pilgertag - Die letzte Etappe Richtung Atlantik

Gestern Abend hatten wir noch einmal ein gemeinsames Pilgermenü in der Herberge, bestehend aus drei Gängen. Vertreten waren wieder diverse Nationalitäten. Bei mir am Tisch saßen zum Beispiel zwei Briten, ein Holländer, zwei Franzosen, ein Tscheche und vier Deutsche. Klingt wie der Anfang eines schlechten Witzes, war aber genau so. Und wieder wurden beim Essen Gedanken und Erfahrungen ausgetauscht. Natürlich durfte der Wein, wie bei solchen Menüs üblich, nicht fehlen. In der Herberge hatte ich übrigens bereits im vergangenen Jahr übernachtet. Und da ich pünktlich da war, konnte ich dieses Mal wieder im selben Bett wie 2022 übernachten. Heute stand die vorletzte Etappe auf dem Programm. Mit knapp 30 Kilometern und einigen Höhenmetern noch einmal ein Kraftakt. Aber wir haben ja das Ziel schon in Augen. Der Weg gab landschaftlich noch einmal alles, als ob er sagen wollte: Hey ihr braucht noch Fotos für zuhause, Bitteschön! In meiner heutigen Herberge angekommen, wurde noch einmal alles geordnet und für morgen vorbereitet. Denn morgen geht es auf die letzte Etappe nach Muxia an den Atlantik. Also, pünktlich ins Bett.

16. Pilgertag - Im Ziel bei Regen und Sturm

Das Beenden eines Pilgerweges, ob kurz oder lang, ist immer etwas Besonderes. Auf den letzten Kilometern gehen einem viele Gedanken durch den Kopf. Man ist etwas zwiegespalten. Einerseits geht der Pilgerweg dem Ende entgegen, andererseits freut man sich auch wieder auf das Zuhause und eigene Bett. Schlussendlich überwiegt die Freude es geschafft zu haben und nach Hause zu kommen, wo man schon freudig (das hoffe ich zumindestens) erwartet wird. Für mich war mein zweiter Pilgerweg wieder etwas besonderes, in vielen Punkten anders als der Erste, aber nicht weniger reich an Erfahrungen. Das Wetter meinte es übrigens heute nicht so gut mit uns. Kurz vor dem Ziel fing es an zu regnen und zu stürmen. Das tat der Freude angekommen zu sein aber keinen Abbruch. An dieser Stelle möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass es auf Grund vieler Nachfragen, auch wieder einen kleinen Reisebericht geben wird, wahrscheinlich im Rahmen des „Lebendigen Adventskalenders“. Die Adventszeit ist kirchlich gesehen, die Zeit der Ankunft. Und der Jakobsweg ist auch ein Weg des Ankommens. Was könnte da besser passen, als beides zu kombinieren. An dieser Stelle möchte ich mich natürlich bei allen bedanken die mich auf verschiedenste Art und Weise unterstützt haben. Natürlich auch bei Hardy, der mir die Möglichkeit gegeben, hat mein Tagebuch in der Freien Bode-Zeitung zu veröffentlichen. Und nicht zu vergessen Uwe, der jeden Tag die Bilder auf meiner Seite eingestellt hat. Damit schließe ich mein kleines Pilgertagebuch. Ich hoffe es hat den Lesern der Freiem Bode-Zeitung gefallen, und vielleicht konnte ich den ein oder anderen anregen, vielleicht auch mal einen Pilgerweg zu gehen.Vielen Dank, dass sie mich gedanklich begleitet haben. In diesem Sinne verabschiede ich mich mit den beiden Pilgergrüßen: Buen Camino (Guten Weg) und Ultreia et Susseia (sinngemäß: weiter und höher).

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